Wahrscheinlich hast du schon mitbekommen, dass das Wissen und die Arbeit mit den Nervensystem immer mehr in unserer Gesellschaft ankommt. Ich persönlich finde das wunderbar. Denn das Wissen um unsere Neurophysiologie bietet ein wunderbares Erklärungsmodell, warum Veränderungen, trotz Coaching, und Therapie manchmal so schwierig zu erreichen sind.

Weil ich die Arbeit mit dem autonomen Nervensystem so wertvoll finde, möchte ich in diesem Beitrag ein paar Grundlagen über die Funktionsweise des autonomen Nervensystems mit dir teilen, die ich in der NeuroEmbodied Soul Centering Coaching Ausbildung bei Britta Kimpel gelernt habe.

Die Funktion unseres Autonomen Nervensystems (ANS)

Die Funktion unseres Autonomen Nervensystems ist primär unser Überleben zu sichern. Das Autonome Nervensystem umfasst dabei alle Prozesse, die autonom und ohne unsere Einwirkung stattfinden. Dabei gibt es 3 Möglichkeiten, wie unser ANS unser Überleben sichert.

1. Steuerung von unbewussten körperlichen Prozessen

Dies bedeutet, dass das ANS alle unbewussten körperlichen Prozesse steuert, wie z.B. den Herzschlag, die Körpertemperatur, die Verdauung, die Atmung und die Zellregeneration.

Das bedeutet, du musst nicht daran denken, dass dein Herz schlägt, sondern es passiert von alleine. Auch wenn während deiner Verdauung Nährstoffe in deinen Körper geführt werden, passiert dass ohne dein aktives Zutun.

Deswegen sind mit der Steuerung von unbewussten körperlichen Prozessen alle Prozesse gemeint, die automatisch im Hintergrund ablaufen.

2. Aktivierung des Überlebensmodus

Eine weitere Möglichkeit unser Überleben zu sichern, ist die Aktivierung des Überlebensmodus. Wenn unser Nervensystem sich nicht sicher fühlt, schaltet es automatisch in den Kampf-, oder Fluchtmodus. Ist Kämpfen, oder Fliehen nicht möglich, erstarren wir, oder kommen in den Kollaps.

In diesem Zusammenhang ist die Neurozeption erwähnenswert. Der Begriff wurde von Stephen Porges, einem amerikanischem Wissenschaftler und Psychiater geprägt und bedeutet unbewusstes Wahrnehmen.

Neurozeption beschreibt den Prozess, dass dein ANS unbewusst deine Umgebung und dein inneres Erleben permanent abscannt und eine Einschätzung vornimmt, ob die Umgebung sicher, bedrohlich, oder lebensgefährlich ist.

Mehr über Neurozeption kannst du in dem Buch “Arbeiten mit der Polyvagal-Theorie” von Deb Dana nachlesen, was ich vor einiger Zeit hier vorgestellt habe.

Wenn keine Gefahr da ist, hat das Nervensystem Zeit sich um das Immunsystem, die Regeneration und die Verdauung zu kümmern. Wenn aber eine Gefahr vom Nervensystem wahrgenommen wird, dann hat das ANS eine höhere Priorität dein Überleben über den Kampf- oder Fluchtmodus zu sichern. Das bedeutet die oben erwähnten körperlichen Funktionen werden runtergefahren und dein Nervensystem befindet sich im Überlebensmodus.

Jedoch werden auch im Überlebensmodus körperliche Prozesse mobilisiert. Dies äußert sich z.B. durch eine Auschüttung von Stresshormonen, einer erhöhten Atem- und Herzfrequenz und einer angespannten Muskulatur.

Wichtig ist hier noch zu sagen, dass dein Nervensystem durch bestimmte Prägungen Gefahren wahrnehmen kann, die eigentlich keine sind. Das führt dann dazu, dass der Kampf-, oder Fluchtmodus aktiviert wird und du dich in sogenannten Selbstsabotagemustern befindest, die dir früher mal als Schutz dienten.

Dies kann bedeuten, dass du dir z.B eine Beziehung wünscht, aber durch unbewusste Verhaltensweisen eine vermeidest. Oder das du durch Perfektionismus versuchst innere Sicherheit herzustellen.

3. Soziales Miteinander

Die 3. Möglichkeit dein Überleben zu sichern ist über den sozialen Kontakt und Austausch mit der Welt. Dies bedeutet, dass dein Eingebunden sein in eine Gemeinschaft dein Überleben sichern kann, z.B. in dem man sich gegenseitig vor Gefahren schützt.

Wenn du dich in einer Gruppe sicher fühlst, kannst du Entspannung, Mitgefühl und Zugehörigkeit wahrnehmen.

Das soziale Miteinander ist der Bereich, der für feinfühlige Menschen mit Bindungstrauma herausfordernd sein kann. Da im Kontakt mit anderen die Überlebensstrategien getriggert werden können, und im Überlebensmodus die Verbindung zum authentischen Selbst abgespalten wird.

Dies kann dann dazu führen, dass du vielleicht immer wiederkehrende Konflikte hast. Oder dass du Kontakt eher vermeidest, weil du ihn als beängstigend und anstrengend empfindest.

Dein Nervensystemzustand hat großen Einfluss auf dein Erleben

Wie du siehst, hat unser Nervensystem einen großen Einfluss auf uns und unser Erleben. Eine gute Möglichkeit, um unseren aktuellen Zustand des Nervensystems kennenzulernen, ist der Check-in ins Nervensystem.

Ich praktiziere diese Übung seit 9 Monaten täglich und konnte dadurch deutlich meine innere Kapazität erweitern und mehr Gewahrsein und Akzeptanz für das, was sich gerade zeigt, bekommen. Dies zeigt sich vor allem dadurch, dass ich in stressvollen Situationen mehr bei mir bleibe und meine Bedürfnisse in diesen Momenten mit mehr Gelassenheit kommunizieren kann.

–  Dieser Beitrag ist das erste Mal hier im Safe Space Newsletter auf Substack erschienen. –